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Folgen, unter denen Kinder narzisstischer Erziehung später leiden

Betroffene stehen großen Herausforderungen gegenüber

ein Leben lang

Die Grundpfeiler eines guten Elternhause sind Liebe und Fürsorge. 

Beides sollte nicht an Bedingungen oder Erwartungen geknüpft sein. Liebe und Fürsorge darf für ein Kind nicht zur Ware werden, die man nur bekommt, wenn das Kind sich an Vereinbarung hält, Leistung bringt oder in anderer Form für die Eltern dienlich ist. 

Eltern sind Vorbild für ihre Kinder, auch in Bezug auf Liebe und Zuneigung.

Diese Erfahrung in der Kindheit bestimmt maßgeblich die entwickelte Selbstliebe – auch / erst recht als Erwachsener. 

Kinder übernehmen sehr leicht die Bedürfnisse der Eltern als ihre eigenen. Speichern deren Verhalten als das Richtige ab. Denken sehr lange, alles ist so, wie es ist, in Ordnung; ist eben normal.

 

Anpassung (an die Anforderungen der Eltern) wird eine Überlebenstrategie, die bis ins Erwachsenenalter bestehen bleibt. 

 

Narzisstische Züge der Eltern wirken sich fatal auf die Entwicklung des Kindes aus und können großen Schaden anrichten. 

Wir werden bis zum 6 Lebenjahr maßgeblich geprägt. Unser Unterbewusstsein  speichert Erlebnisse dauerhaft ab. Erst recht, wenn sich die Erfahrungen daraus wiederholen.

Daraus entstehen Glaubensätze über uns selbst, die fast in Stein gemeißelt scheinen.

Erleben wir in dieser Zeit Eltern, die ohne Empathie nur sich in den Mittelpunkt des Familienuniversums stellen, glauben wir natürlich das, was wir dabei fühlen, z. B.

"ich bin nicht gut genug" "ich bin nicht liebenswert" "ich bin eine Last"

 

Aus meiner Praxis kenne ich die Komplexität der Problematik, die für Erwachsene daraus entsteht. 

Ich gehe hier im Folgenden darauf ein, wobei ich den Fokus auf den erwachsenen Menschen, der eine Kindheit mit narzisstischem Hintergrund erfahren hat, legen werde. 

 

Niedriges Selbstwertgefühl, wenn man sich als Kind nicht geliebt gefühlt hat

Narzissten sind Egomanen. Ihr eigener Vorteil ist ihr einzige Fokus. Für Aufmerksamkeit und Komplimente von außen tun sie alles.

Empathie? Nicht bekannt. Nicht einmal für das eigene Kind. 

Das eigene Kind dient ausschließlich zur eigenen Selbstdarstellung.

Entweder um sich mit den Erfolgen des Kindes (Leistungssport, Schulleistungen, künstlerische Auszeichnungen) in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu schieben.

Falls dies nicht möglich ist, dient das Kind als Objekt der Last. Das Elternteil verkündet, wie schwer es mit diesem Kind ist. Eine Belastung, die das Elternteil leiden lässt. 

Nicht selten werden Geschichten erfunden oder übertrieben dargestellt, wie die das schlimme Kind einem das Leben schwer macht.

 

Hier liegt die Crux:

Kinder benötigen liebevolle und ehrliche Aufmerksamkeit und Zuwendung ihrer Eltern, um ein gutes Selbstwertgefühl, Selbstliebe und Urvertrauen aufzubauen. 

Das fehlt natürlich, wenn sich z. B. die Mutter nur um sich selbst kümmert, ihrem Vergnügen nachgeht.

Der Vater es liebt, im Mittelpunkt zu stehen, alles und jeden zu kontrollieren. 

Das Kind wird als Belastung definiert. Egoismus auf Kosten des eigenen Kindes.

 

Die Schlussfolgerung für das Kind: 

• ich bin lästig, ich bin eine Last

• ich bin nicht liebenswert

• ich bin nicht gut genug

• ich bin wertlos, nutzlos

• ich muss so sein, wie man es von mir erwartet

• nur wenn ich so bin, gehöre ich dazu

 

Als Erwachsener kann es sein, dass dieser sich oft zurückzieht, klein macht, will nicht gesehen werden.

Aber auch genau das Gegenteil kann der Fall sein: die Sucht nach Aufmerksamkeit und Anerkennung, die in der eigenen Kindheit gefehlt hat.

Hierbei muss es nicht immer um eine nette Art der Aufmerksamkeit handeln. Auch die Choleriker und Nörgler suchen die Aufmerksamkeit auf diese Weise. 

Getreu dem Motto:

Auch ein Tyrann will geliebt werden.

 

Überlebensstrategien

Wir kommen in diese Welt und sind erst einmal schutzlos und hilflos.

Die ersten Bezugspersonen sind unsere Eltern. Sie sorgen dafür, dass wir nicht frieren, dass wir zu essen und trinken bekommen, dass wir gesäubert werden. 

Die Grundbedürfnisse.

In einem guten System geben Eltern viel Liebe und Zuneigung. 

All das erfordert Aufmerksamkeit und Zeit für das Kind. Für das Kind ein Gefühl der Sicherheit, des Vertrauens, der Nähe. 

 

Ist diese Zuwendung nicht vorhanden. Wenn also die Aufmerksamkeit fehlt, springt unsere Psyche in einen Überlebensmodus, denn sie wittert Lebensgefahr. 

Was auch nachvollziehbar ist, denn selbst die Grundbedürfnisse sind nicht mehr sicher, wenn es an Zeit und Aufmerksamkeit fehlt. 

 

Es gibt 4 Möglichkeiten das Überleben zu sicher:

  1. Kampf
  2. Flucht
  3. tot stellen
  4. Anpassung

Kampf

Keine wirkliche Option für ein Kind, das körperlich und mental unterlegen ist. Rebellion kommt evtl. später.

 

 

Flucht

Fällt meistens auch aus, da es keine Alternativen gibt und das Kind dafür Hilfe benötigen würde. Nicht selten werden Großeltern, Tante oder Onkel oder auch der andere Elternteil manipuliert.

 

tot stellen

Kann dauerhaft im Familiensystem nicht durchgesetzt werden.

 

Anpassung

Die häufigste Form. Das Kind passt sich an die Erwartungen des Elternteils / der Eltern an. Versucht möglichst unauffällig zu sein und dem Elternteil zu gefallen. 

Das Kind versucht, an die Leistungsforderung heranzukommen oder diese noch zu übertreffen, um ein Lob, eine Anerkennung zu bekommen. 

Vernachlässigungen werden und können meist nicht kommuniziert werden. Sehr selten wird sich ein Kind einer anderen Person anvertrauen, um vielleicht doch noch eine andere Überlebensstrategie (Flucht) zu nutzen. 

Zu gut spielen die narzisstischen Eltern ihre Rolle. Niemand glaubt ihnen.

Als Kind wird der niedrige Selbstwert regelrecht ins Unterbewusstsein gebrannt. Ein eigenes Selbstbild wird von dem narzisstischen Elternteil verhindert, denn er / sie brauchen Gefolgsleute.

 

Ein gutes Beispiel lesen wir immer wieder in den Medien.

Wenn Kinder aus verwahrlosten Zuständen, missbrauchs- oder gewaltgeprägtem Elternhaus befreit. Man fragt sich, warum hat das Kind nichts gesagt.

Es ist eine Loyalität, die ein kleines Kind seinen Eltern entgegenbringt. Das narzistische Verhalten kann als Zweijähriger gar nicht als falsch identifiziert werden. Woher soll ein Zweijähriger wissen, warum es das schwarze Schaf ist.

 

Man zieht toxische Beziehungen an wie ein Magnet

Ein mangelndes Selbstwertgefühl, mangelnde Selbstliebe zieht Menschen magisch an, die genau diese Schwäche für sich auszunutzen wissen. 

Hat der narzisstische Elternteil die Unsicherheit und Loyalität des Kindes für seine Zwecke benutzt, kann dies im Erwachsenenalter ein narzisstischer Partner leicht übernehmen. Das Opfer befindet sich in einem toxischen Teufelskreis, der nur schwer allein zu durchbrechen ist. Zu tief die Überzeugung von sich selbst, nicht gut genug zu sein.

Und diese Überzeugung wird in der Partnerschaft weiter befeuert. 

Man hat es nicht anders gelernt und verinnerlicht. 

Das Opfer hält sich selbst für zu unwichtig, um aus der Partnerschaft aussteigen zu können.

Das hat es jahrelang im Elternhaus erlebt und gelernt:

  • Du bist ohne mich nichts wert
  • Dich will keiner
  • Du bist eine Last
  • Das bildest du dir ein
  • Du hast meine Liebe nicht verdient
  • Was bist du ohne mich 
  • Sei froh, dass ich bei dir bleibe

In den meisten Fällen kommt noch der fatale Wunsch hinzu, den narzisstischen Partner „retten“ zu wollen. 

Ein falsches Verständnis, selbstzerstörerische Empathie lassen das Opfer nicht aus dieser Bindung aussteigen. 

 

Löst man sich doch aus einer solchen Beziehung, geht aber der Ursache nicht auf den Grund, wird der nächste Narzisst ins Leben angezogen. 

Die Muster wiederholen sich. 

Oft dauert es eine lange Zeit, bis die Erkenntnis zutage tritt, dass man wieder auf jemanden hereingefallen ist, der nur ausnutzt, für seine Zwecke missbraucht.

 

Das liegt daran, dass der Narzisst ein Meister des Schauspiels und der Manipulation ist. Er fängt langsam an, sein Opfer in sein Netz zu wickeln.

Am Anfang gibt er viel Aufmerksamkeit, Liebe und Wärme. Verständnis und das Gefühl, ein ganz besonderer Mensch zu sein. 

All das, wonach man sich schon so lange gesehnt hat. 

Was man  so sehr vermisst hat. 

Dann der kalte Entzug.

Im Prinzip wird das Kindheitstrauma aufgedeckt und dann wieder retraumatisiert

 

Die beruflichen Folgen

Es ist wohl jedem klar, ein mangelndes Gefühl des eigenen Wertes steht jeder Karriere im Weg. 

Diese Menschen können nie ihr volles Potential ausnutzen und zeigen.

 

Immer wieder die Gedanken, der sich ins Bewusstsein drängen:

„du bist nicht gut genug“

„du wirst versagen“

„die anderen sind besser“

„du bist ausgeliefert“

"was, wenn das jetzt nicht funktioniert"

 

Erwachsene aus einem narzisstischen Elternhaus haben gelernt, sich neue Dinge nicht zuzutrauen, nicht die Initiative zu ergreifen, nach vorn zu gehen. 

Viele bleiben in unbedeutenden Positionen und beobachten nur, wie andere an ihnen vorbeiziehen.

Sie sind oft Spielball im Team, da sie sich vieles / alles gefallen lassen, ausgenutzt werden. Das haben sie so seit frühester Kindheit gelernt und es als Normalität abgespeichert. Es ärgert, macht wütend, aber kann nicht geändert werden.

Kritik kann nur als Angriff auf die eigene Person gewertet werden. Niemals als wertschätzender, gutgemeinter Rat. So dreht sich der Kreis weiter. 

 

Andere Erwachsene aus narzisstischer Erziehung haben die narzisstischen Züge toxischen Elternteils übernommen. Sie haben genau beobachtet und gelernt, dass sie damit Erfolg haben. 

Ihren narzisstischen Elternteil verurteilen sie, ohne gleichzeitig zu bemerken, wie sie selbst mit anderen umgehen. 

Weil sie gelernt haben, dass Empathie für andere eine Schwäche ist, verbieten sie sich selbst diese Empathie gegenüber anderen. 

 

 

Psychische Erkrankungen als Folge

Dass all diese Erfahrungen aus der Kindheit mit mindestens einem narzisstischen Elternteil nicht ohne Folgen bleibt, scheint schon fast die logische Folge. 

Der Körper reagiert mit Ängsten, Panikattacken, Essstörungen, Bindungsängsten, Depressionen, Antriebslosigkeit, Nervosität. 

Der Versuch, es ständig allen recht zu machen, geht zu Ungunsten der eigenen Grenzen. Die eigenen Fähigkeiten, Bedürfnisse und Potentiale können nicht gesehen und ausgelebt werden. 

 

Im ungünstigen Fall entwickelte der Erwachsene die gleichen Verhaltensmuster wie sein narzisstischer Elternteil und lebt diese aus. Wird selbst zum Narzissten, um immer noch dem narzisstischen Elternteil zu gefallen mit Erfolgsmeldungen. 

 

In beiden Fällen kann es zur Isolation kommen. Echte Freunde wenden sich ab. Es gibt nur falsche Freunde im Umfeld, die die Abhängigkeit suchen oder denjenigen in Abhängigkeit bringen . Es fällt schwer, eine gesunde Beziehung einzugehen.

Das Gefühl, man ist nicht richtig, nicht gut genug, bleibt bestehen oder wird verdeckt. 

 

Fazit

Eine große Herausforderung für Betroffene, den eigenen Lebensweg zu finden. 

Für ein Gegensteuern ist es nie zu spät, um sein eigenes Selbstbild aufzubauen und sich von dem Trauma zu lösen. 

 

Essentiell ist hier vor allem, die Ursachen zu heilen. 

Wo liegt die Ursache, dass man sich hilflos, nicht wichtig oder zu dumm fühlt? Was genau hat das Unterbewusstsein abgespeichert.

 

Vergebung ist ein Meilenschritt in der Entwicklung eines Menschen aus einer narzisstischen Erziehung. Dabei geht es nicht ums Vergessen oder Ungeschehen machen. 

Es geht darum, den Einfluss, der bis heute wütet, endlich loszuwerden. 

Viele können sich nicht vorstellen, ihren Eltern oder einem Elternteil zu verzeihen.

Zu tief sind die Wunden, die Erlebnisse.

 

Jedoch ist Vergebung erlösend. Man gibt diese schweren Pakete zurück und damit wird es leichter.

Weiter in Wut, Vorwürfen und Resignation zu verharren, ändert nichts. Im Gegenteil, es verschlimmert sich.

Und dabei muss der Elternteil nicht einmal dabei sein, "mitspielen".

Das würde er sowieso nie tun.

 

Vergebung ist keine Schwäche oder Aufgeben!

Wikipedia sagt dazu

Vergebung ist die Überwindung negativer Gefühle und Einstellungen gegenüber einer Person, von der man verletzt wurde.

 

 

Ich habe viele Geschichten gehört, die mich als Mensch erschüttert haben. 

Kaum vorstellbar, das ein Vater oder eine Mutter zu etwas fähig waren. Heute noch leugnen, abwimmeln, klein machen.

 

Viele Jahre liegt oft hinter den Kindern, die jetzt erwachsen sind. Manchmal braucht es etwas länger zu verstehen, dass die eigene übermässige Anpassung, der Selbsthass, nicht zu sich stehen tatsächlich mit dem eigenen Kindheitstrauma zusammenhängen.

 

Narzissmus ist eine Persönlichkeitsstörung. Der Narzisst wird sich nicht ändern. 

Der Weg geht nur über sich selbst.

 

In wenigen Sitzungen ist eine Veränderung möglich, weil ich an den Ursachen arbeite, nicht an den Symptomen.

 

Das ist wie bei einem Waldspaziergang. Da ist ein Stein im Schuh.

Was ist am sinnvollsten?

 

  1. ignorien und weitergehen
  2. neue Schuhe kaufen oder
  3. kurz stehen bleiben, den Stein aus dem Schuh holen und weitergehen

 

Der Weg zu dir

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